Mittelstädte verzeichnen höhere Mietpreisanstiege als Großstädte: die höchsten Steigerungen bei Bestandswohnungen in Rosenheim mit +6,5 %, Landshut +5,5 % und Bamberg +4,7 %
„Die Rahmenbedingungen auf dem Immobilienmarkt mit, trotz der Rückgänge, immer noch sehr hohen Immobilienpreisen und steigenden Zinsen, machen den Eigentumserwerb für die meisten Kaufinteressenten derzeit kaum möglich. Da die monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen die Mietzahlungen bei vergleichbaren Objekten deutlich überschreiten, entscheiden sich aktuell Kaufwillige, zumindest vorerst, für die flexiblere Mietimmobilie. Dies verstärkt die ohnehin hohe Nachfrage und sorgt für ein weiter steigendes Preisniveau bei den Mietobjekten“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „Die Nachfrage auf dem Mietmarkt ist derzeit in allen Marktsegmenten groß. Zu erwarten ist, dass speziell die Nachfrage nach familiengerechten Wohnungen und Häusern zur Miete weiter steigt, da der Wunsch und Bedarf nach mehr Wohnraum und besserer Wohnqualität bei Familien mit geringer Eigenkapitalausstattung, die aktuell keine Eigenheimfinanzierung darstellen können, trotzdem vorhanden ist. Auffallend ist, dass die Mietsteigerungen vielerorts unter der Entwicklung der Inflationsrate zurückblieben, die Mieten also real nachgaben. Dies ist aber für Mieter nur bedingt erfreulich, wenn die Lohnsteigerungen merklich unter der Inflationsentwicklung zurückbleiben.“
Die Nachfrage auf dem Mietmarkt hat sich in allen Marktsegmenten seit der Trendwende deutlich intensiviert und übersteigt derzeit in vielen Groß- und Mittelstädten das vorhandene Angebot spürbar. Insbesondere der durch den Ukraine-Krieg verursachte hohe Zuzug belastete den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt. Zudem wurde die Nachfrage seitens der Interessenten, die aufgrund gestiegener Zinsen Abstand von ihren Kaufabsichten nehmen müssen und auf den Mietmarkt ausweichen, zusätzlich verstärkt.
Während der Wohnraumbedarf stark zunimmt, dreht sich die Abwärtsspirale im Wohnungsbau weiter, was den Druck auf die Mietwohnungsmärkte weiter erhöht. Gestiegene Energiepreise, unterbrochene Lieferketten, die massiv gestiegenen Hypothekenzinsen, eine hohe Inflation sowie die gekürzte KfW-Förderung gehören aktuell zu den größten Herausforderungen beim Wohnungsbau. Der aktuelle Rückgang der Baugenehmigungen ist besorgniserregend: So wurden in den ersten sechs Monaten 2023 (Januar bis Juni) bayernweit lediglich 25.058 neue Wohneinheiten zum Bau freigegeben, was einem Rückgang von rund -29 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Auch die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Projekten, die bereits genehmigt, aber noch nicht gebaut sind, wird sehr kritisch betrachtet. Wohnungsbauvorhaben werden aktuell immer häufiger zurückgestellt oder gestoppt.
Der deutliche Zinsanstieg, der stockende Wohnungsbau und die hohe Zuwanderung setzen den Mietmarkt aktuell deutlich unter Druck. Die steigende Nachfrage sorgt für anziehende Mietpreise sowohl im Bestand als auch Neubau. Der Mietzuwachs für Wohnungen und Häuser nahm im Herbst 2023 gegenüber Frühjahr 2023 leicht zu. Lag die durchschnittliche Mietsteigerung im Frühjahr 2023 bei +1,9 %, nahm diese in den nächsten sechs Monaten auf durchschnittliche +2,0 % zu.
Im Halbjahresvergleich Frühjahr – Herbst 2023 wiesen im bayerischen Durchschnitt die Wohnungsmieten – Neubau +2,9 %, Bestand +2,5 %, Altbau +2,7 % – die höchsten Mietsteigerungen auf. Doppelhaushälften verteuerten sich um +2,1 % (Bestand) bzw. +1,4 % (Neubau). Die niedrigsten Anstiege verzeichneten im Herbst 2023 gegenüber Frühjahr 2023 Reihenmittelhäuser mit +1,2 % (Bestand) und +1,1 % (Neubau).
Im 10-Jahres-Vergleich werden die Mietsteigerungen in Bayern deutlich spürbarer. Der Mietzuwachs bei Reihenmittelhäusern fiel bei neuerrichteten Objekten nominal mit +57 % und im Bestand mit +54 % am stärksten aus. Bei Doppelhaushälften – Neubau und Bestand – wurde ein Mietpreisanstieg von jeweils +50 % gemessen. Etwas geringere Anstiege verzeichneten Mietwohnungen (Altbau: +41 %, Bestand: +41 %, Neubau: +48 %). Unter Berücksichtigung der Inflation reduzieren sich diese Steigerungen allerdings deutlich.
Das Thema „Energieeffizienz“ hat sowohl im Kauf- als auch Mietsegment deutlich an Bedeutung gewonnen. Seit dem rasanten Anstieg der Energiekosten kann festgestellt werden, dass sanierte Mietobjekte oder Objekte mit einer guten Energiebilanz aus dem Bestand favorisiert werden. Modernisierte Mietwohnungen zu bezahlbaren Preisen weisen daher eine relativ geringe Vermarktungsdauer auf.
Um die Baukonjunktur anzukurbeln, hat die Bundesregierung ein Maßnahmepaket beschlossen. Vorgesehen sind sowohl finanzielle Anreize, schnelle Planungs- und Genehmigungsverfahren als auch ein vorübergehender Verzicht auf geplante energetische Baustandards. Den Bundesländern wird zudem eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht, was aber lediglich symbolisch bzw. bedeutungslos ist, solange die Länder hiervon nicht Gebrauch machen. Außerdem ist eine Reform der Eigentumsförderung für Familien angedacht.
Die geplanten Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung und müssen zügig umgesetzt werden. Nur durch Ankurbelung der Neubautätigkeit auf allen Ebenen aber auch durch Mobilisieren der Wohnraum-Potenziale im Bestand kann der Wohnungsmangel beseitigt werden. Sowohl beim geförderten als auch beim freien Mietwohnungsbau und im Eigentumssegment braucht es ein deutliches Wachstum, um die Mangelsituation nicht weiter zu verschärfen.
Die Landeshauptstadt München
Während das Kaufpreisniveau in München im Herbst 2023 in allen untersuchten Marksegmenten signifikante Rückgänge verzeichnete, wiesen die Mietpreise noch etwas stärkere Anstiege als noch im Frühjahr 2023 auf. Lagen die durchschnittlichen Preiszunahmen im Frühjahr 2023 in der Spanne zwischen +0,9 % und +1,9 %, lagen die Preissteigerungen im Mietbereich im Herbst 2023 zwischen +4,3 % und +6,9 %.
Den höchsten Anstieg im Vergleich Frühjahr – Herbst 2023 verzeichneten – wie bereits in der vorherigen Erhebung – die Mieten für Reihenmittelhäuser. Das Preisniveau stieg in diesem Marktsegment bei Bestandsobjekten um +5,7 % und bei Neubauobjekten um +6,9 %. Doppelhaushälften zur Miete verteuerten sich um +4,9 % (im Bestand) bzw. +4,8 % (Neubau).
Die Mieten für Altbauwohnungen sowie Bestandswohnungen nahmen gegenüber der vorherigen Erhebung um entsprechend +4,6 % und +4,3 % zu; bei Neubauwohnungen wurde ein Mietzuwachs von +5,2 % vermittelt.
Mit der Verlagerung der Nachfrage vom Kauf- ins Mietsegment steigt der Druck auf dem Münchner Mietmarkt zusätzlich an. Der Rückgang der Neubautätigkeit und sinkende Baugenehmigungen werden das dringend benötigte Wohnraumangebot in der Landeshauptstadt weiter reduzieren und dadurch für ein weiter steigendes Mietniveau sorgen.
Auszug Pressemitteilung
Quelle: IVD Süd